A Gryphon's Life
Kapitel Zwei – Am Hofe des Lords
Zwanzigster September – gegen 22 Uhr
Eine friedliche Stille lag über den Ebenen von Ainessa, dem Reich der Mitte. Der Himmel war klar und die hellen Sterne erstrahlten am dunklen Firmament. Eine kühle Brise ließ das Lagerfeuer der Schäfer auf den saftigen Wiesen hin- und herflackern, während sich schon große Teile der Herde ruhend auf das weiche Gras gelegt hatten. Nur vereinzelte Tiere standen noch auf der Wiese und fraßen Gras, bevor auch sie sich zur Nachtruhe hinlegten. Diese Ebenen lagen im Schutz einer mächtigen Burg, die mitten auf der Ebene erhoben auf einem Hügel erbaut worden war. Auf einigen Türmen dieser Burg brannten noch Fackeln, genauso wie vor den Toren, die schon vor einigen Stunden geschlossen worden waren. Am Ende des Horizonts konnte man noch eine schwache, blaue Erhellung des Himmels erkennen, in dessen Nähe die Sonne verschwunden war.
In der Nähe einer großen Eiche hatte eine kleine Gruppe von Schäfern ihr Lagerfeuer für die Nacht eingerichtet. Sie saßen um das kleine Feuer herum und unterhielten sich über ihr Leben und was denn der neue Tag wohl für sie bringen würde. Die Gruppe von Schäfern wurde von dem lieblichen, roten Schein von Ignis, dem roten Mond, erhellt. Ein älterer Mann der Gruppe saß auf einem sehr dicken Ast der Eiche, der wahrscheinlich vor einigen Tagen heruntergefallen war. Er stützte sich auf seinem Wanderstock und wippte leicht nach vorn und wieder zurück. Er blickte von dem Lagerfeuer auf und beobachtete wie ein anderer Schäfer sich zu ihnen gesellte und das Thema der Gespräche schnell auf die geplante Steuererhöhung des hiesigen Herrschers wechselte. Angeheitert und zum Teil erbost diskutierten die Schäfer wie es Lord Regin, der Besitzer und Herrscher vom Schloss Ainessa, es wagen kann noch mehr Geld von den armen Bauern zu verlangen. „Als ob der Zehnt pro Jahr nicht genug Abgaben wären.“, war ein recht häufiges Zitat, das in den letzten Tagen in und um das Schloss von Ainessa gefallen war.
Während seine Schäferkollegen sich weiterhin über diesen Frevel lautstark unterhielten, erhob sich der alte Schäfer von dem Ast und wanderte langsam und ohne jegliche Notiz von den Anderen über die Wiesen. Die Brise, die über die flachen Landen fegte, ließ seine Robe im Wind flattern und wehen. Er lief über kleine Erhebungen und durch kleine Senken, jedoch keine richtigen Hügel oder Täler. Vor ihm in der Dunkelheit erhob sich ein anderer Baum, eine Buche. Jedoch trug sie um diese Jahrzeit kein einziges Blatt mehr, obwohl alle anderen Bäume auf der Ebene und im Wald, der diese fruchtbare Ebene umsäumte, noch alle ihre Blätterpracht hatten. Der alte und schon etwas morsche Stamm reckte sich in die Höhe und knarzte etwas, als sich der Schäfer dagegen lehnte. Er schloss die Augen und konnte den Ruf eines nahen Schafes vernehmen. „Daisy, komm zu mir.“, rief der alte Schäfer und sein Schaf kam gemütlich zu ihm gelaufen. Es stelle sich an seine Seite und schmiegte seinen von Wolle bedeckten Körper gegen seine Hüfte, während er selber dem Schaf den Kopf und den Körper streichelte.
„Es lieg etwas in der Luft, Daisy. Du fühlst es auch, oder?“, sprach der Schäfer zu seinem Schaf, das als Antwort nur nochmal mähte. Wie aus heiterem Himmel flaute der Wind ab und die Robe des Schäfers hing fast bewegungslos an seinem Körper herunter. Er hob seinen Kopf und schaute in den dunklen Himmel. Das Schaf lief plötzlich davon, nachdem es durch keinen ersichtbaren Grund erzittert war. Langsam schob der Schäfer seine Kapuze der Robe zurück, um besser sehen zu können. Gestützt auf seinem Wanderstock erblickte er einen blauleuchtenden Stern am Himmel, der immer größer und heller wurde. Es gab einen heftigen Schlag und der Stern explodierte förmlich, als sich eine helle blaue Wolke, die von der Lichtintensität ähnlich hell wie der rote Mond war, um den Stern bildete. Die Schäfer um das Lagerfeuer herum sprangen auf und rannten in Aufregung und Panik umher, Wind zog auf und blies mit seiner vollen Stärke über das Gras und die Ebene. Die Robe flatterte lautstark im Wind, als der alte Schäfer mit weit geöffnetem Mund das Himmelspektakel beobachtete. Ein weiterer lauter Schlag und ein leuchtender, blauer Strahl schoss von der Wolke in Richtung der Burg und traf hinter den dicken Verteidigungsmauern irgendwo auf den Boden. Ein dritter Schlag, so laut, dass der alte Schäfer zusammenzuckte. Überall über die Ebene liefen und riefen Schäfer und Soldaten. Viele zeigten auf dem Himmel, als von der Wolke, die inzwischen langsam zu verschwinden begann, der Stern den Strahl entlang herunterstürzte. Viele der verängstigten Männer rannten in Panik umher und versuchten sich zu retten. Der alte Schäfer blieb wie angewurzelt neben der kahlen Buche stehen und konnte sich nicht von dem Anblick losreißen. Wie eine riesige, blaue Sternschnuppe regnete der Stern vom Himmel. Ein lauter, markerschütternder Schrei ertönte und die Erde unter seinen Füßen erzitterte, als der Stern vom Himmel über den schwarzen Himmel nach unten schnellte und mit einem weiterem Krachen die Burg traf.
„Was im Namen der großen Vier?“, flüsterte der alte Schäfer zu sich selber, während Rauchschwaden vom Inneren der Burg aufstiegen. Die Wolke am Himmel war inzwischen völlig verschwunden und jegliches blaues Licht war erloschen. Langsam wurde es wieder dunkler und der Abend normalisierte sich halbwegs, wenn man von den panischen Bewohnern, die durch die lauten Schläge geweckt wurden, absah. Innerhalb der mächtigen Burgmauern wurde die Nacht schnell zum Tag, nachdem die Nachtwachen die wichtigsten Bewohner dieser Burg geweckt und informiert hatten. Diener und Sklaven liefen mit schweren Eimern voller Wasser von allen Brunnen der Burg zu dem großen klaffenden Loch in der Ostfassade der Ritterquartiere. Einige Holzbalken im Inneren des Gebäudes brannten und der Rauch stieg ungehindert gen Himmel. Durch die Gänge rannten weitere Helfer und löschten die restlichen kleine Brände, die der Einschlag verursacht hatte. Trümmer lagen unterhalb des Lochs auf dem Trampelpfad und auf dem Rasen drumherum, genauso wie im Gang, dessen Wand der Stern durchbrochen hatte.
Und zwischen den Trümmern, auf den Holzdielen und den kleinen Blutspritzern lag ein größerer, schwarzer Körper. Zwei Wachen kamen zu der beschädigten Stelle und schauten zu den Dienern, die regungslos um den bewusstlosen Körper herumstanden. Die Wachen schoben ein Paar Diener beiseite und versuchten sich ihr eigenes Bild zu machen. „Was ist das?“, fragte jemand in dem Gang. Ein Steinbrocken auf dem Rücken der Kreatur erzitterte und rollte schließlich herunter. Die Kreatur begann sich zu bewegen und versuchte sich aufzurichten. Ein hässliches Stöhnen stieß die Kreatur aus, jedoch bevor sie ihren Kopf erheben konnte, hatte einer der Wachen mit einem gezielten Stoß mit dem Stiel seiner Hellebarde die Kreatur am Hinterkopf getroffen. Das Wesen sackte lautlos zusammen und blieb liegen. „Was es auch immer ist... Wir können es auch anschauen, wenn es in Ketten liegt.“
Einundzwanzigster September – Sonnenaufgang
Noch immer stiegen dünne Rauchschwaden von dem klaffenden Loch in der Fassade der Ritterquartiere auf. Ein junger Mann stand im zweiten Geschoss des großen Burgfrieds gegenüber von den Ritterquartieren und beobachtete den Schaden, den das Licht oder diese sonderbare Kreatur, die in den Trümmern gefunden worden war, angerichtet hatte. Die Stirn des jungen Mannes, der dem Geschlecht der Füchse angehörte, lag in Falten. Seine Arme waren verschränkt. Sein Blick war prüfend. Langsam wandte er sich von dem Fenster ab und blickte zu dem Boten, der geduldig neben ihm gewartet hatte. „Sir Keegan, ihr Lord hat heute morgen schon nach ihnen gesucht. Er möchte, dass sie sich die Kreatur im Kerker mal aus der Nähe ansehen.“, sprach der junge Wolf und schaute dabei an dem Fuchs hoch.
Keegan war ein großgewachsener Rotfuchs mit der typischen roten Fellfarbe. Er hatte eine eher schlankere Statur, jedoch konnte man von seinem Körper unter dem schwarzen Waffenrock wenig erahnen. Unter diesem Waffenrock, der um seine Beine herum etwas weiter wurde, trug er noch ein einfaches Hemd, das man nur auf seinen Oberarmen sah, da der Waffenrock ärmellos war. Um die Schultern herum war ein leuchtendroter Umhang gebunden und hing Keegan dem Rücken hinunter. Auf seinen schwarzbefellten Pfoten trug er braune, lederne Handschuhe. Um seine Hüften war ein schwarzer Gürtel gebunden, der sein Breitschwert mit dessen Scheide hielt. Seine Füße waren in zwei große Stiefel eingebettet.
Keegan hatte einen melancholischen Ausdruck auf seinem Gesicht und seine braunen Augen waren nur zur Hälfte geöffnet. Er hatte sich ein großes Pony wachsen lassen, das ihm meistens über eine seiner beiden Gesichtshälften lag und ihm einen Hauch von Mysteriösem gab. Langsam ließ er seinen Kopf zu dem jungen Boten sinken und nickte. „Der alte Herr hat es wohl nicht so gerne, wenn seine Burg mitten in der Nacht von einem unbekanntem Wesen angegriffen und ernsthaft beschädigt wird.“, scherzte Keegan, als er wieder aus dem Augenwinkel auf das klaffende Loch in der Burgfassade sah.
„Ihr beliebt wohl zu scherzen, Sir Keegan. Lord Regin war außer sich vor Wut. Deswegen hatte er auch sofort nach euch suchen lassen, damit ihr euch der Sache annehmt. Die letzten Meldungen vom Kerker ließen verlauten, dass die Kreatur bisher noch nicht erwacht ist. Sie wurde jedoch in Ketten gelegt, damit sie nicht weiter wüten kann. Ein riesiges Loch, entstanden durch einen Lichtblitz, ist dem Herrn genug...“, sprach der Bote, bevor Keegan ihm seine Pfote auf die Schnauze drückte und ihn dadurch zum Schweigen bewegte. „Jetzt soll Regin mal halblang machen. Das Loch ist in zwei Wochen wieder ausgebessert, noch rechtzeitig vor dem Wintereinbruch.“, zischte der Fuchs. Langsam erhob er seine Pfote von dem Maul des jungen Boten, welcher kurz nach etwas Luft rang. Hastig glättete der Bote noch seine Kleidung, die von dem hastigen Zugriff des Fuchses zerknittert wurde, und erhob wieder seine Kopf.
„Unserem Lord geht es momentan um den finanziellen Schaden. Schätzungen zur Folge kosten uns die Reparaturen vermutlich ein Zehntel des Zehnts für den neunten Monat.“, fügte der Bote noch hinzu und Keegan seufzte. Er ließ seinen Kopf zwischen den Schultern hängen und stützte sich mit seinen Pfoten auf der Fensterbank ab, während er weiterhin die Rauchschwaden beobachtete. „Der Monat ist ja schon fast zu Ende und die Späternten sollten nächsten Monat kommen. Außerdem gab es dieses Jahr eine sehr gute Ernte, wir sollten davor genug Rücklagen haben, um gut durch den Winter zu kommen. Mein Vater war zwar noch nie wirklich gut im Sparen, aber dieses Jahr sollte es selbst für ihn schwierig werden wieder Schulden zu machen“, erzählte Keegan und versuchte dem unerfahrenden Boten zu erklären, dass sein Vater mal wieder übertreibe. Jedoch sollte dieser Versuch kläglich scheitern, als der Bote dem Ritter eine Berechnung in die Pfoten drückte. Keegan warf einen kurzen Blick auf das Pergament, jedoch war dies genug, um einen Blick des Entsetzens auf das Gesicht von Sir Keegan zu zaubern. „Ich wusste, dass unsere Finanzen nicht so rosig aussahen, aber das es so schlimm ist, hätte ich nicht zu träumen gewagt!“
Der junge Wolf riss dem viel größeren Fuchs das Pergament aus der Pfote und wandte sich langsam zum Gehen. „Ihr solltet euch jetzt zum Kerker begeben. Das hat in den Augen eures Vaters momentan die höchste Priorität. Ich werde ihm dann auch gleich Bericht erstatten.“, hieß es noch von dem Wolf, bevor dieser die Tür hinter sich schloss. „Tu, was du nicht lassen kannst...“, zischte Keegan und drückt sein ganzes Gewicht auf seine Pfoten, als er durch das offene Fenster auf die beschädigte Fassade starrte. Nur zögerlich und auch nur sehr langsam erhob sich der Ritter und stand in einer antrainierten, perfekt graden Körperhaltung in dem Flur des zweiten Stocks des zentralen Burgfrieds. Dieser Flur gehörte zu dem Rundgang, der sich durch alle Stockwerke an der äußeren Wand im Innern des Burgfrieds emporschlängelte. Der Bote war wahrscheinlich durch eine Tür zum zentralen Treppenhaus getreten, während Keegan durch den Außengang schlenderte, der ihn langsam herunter zu den Katakomben führte. Der Gang war nur mit einem langen, roten Teppich ausgeschmückt, der jedoch im Vergleich zu den unverputzten Steinwänden und dem relativ hässlichen Steinboden recht lächerlich wirkte. Dieser Gang wurde nicht häufig benutzt, jedoch war er der Meinung gewesen, dass selbst solch ein unwichtiger Gang mit Luxus ausgestattet werden sollte. Immerhin nutzte Keegan den Gang recht häufig, da er dort meistens seine Ruhe hatte, weil ja eh niemand vorbeikam. Langsam schlenderte der Fuchs den Gang entlang und gelangte über ein kleines Treppenhaus zu den Katakomben, die sich innerhalb des Hügels, worauf das Schloss Ainessas erbaut worden war, befanden. Je tiefer Keegan unter die Erde ging, umso dunkler und feuchter wurden die Gänge. Fackeln zur Erleuchtung der Gänge wurden auch immer sporadischer und kleine Pfützen voll dreckigem Wasser sammelten sich unterhalb von kleinen Rissen in der Decke. Von den langen Wänden widerhallten die Schritte der schweren Lederstiefel, während Keegan sich in Richtung der ersten großen Kerkertür bewegte. Ein Eber in einer typischen und relativ unspektakulären Wachuniform saß auf einem kleinen Schemel neben der großen Eisentür. Er hatte seine Pfote angehoben und hatte den Ritter gegrüßt, bevor die Wache schließlich die Tür zu den Kerkern öffnete.
Stille lag in den Gängen der Kerkergemäuer, nur die Schritte des Fuchses unterbrachen den tonlosen Raum. Keegan fragte sich schon, was er wohl zu sehen bekommen würde, wenn er endlich an der Zelle mit dem neuen Gefangenen angekommen war. Er hatte schon Gerüchte gehört, dass es ein Wesen ist, welches in den Landen um Ainessa herum noch nie zuvor gesehen wurde. Andere, die Augenzeuge von des Einschlages in der letzten Nacht waren, sprachen, dass dieses Wesen ein göttliches Wesen aus dem Himmel sei und es geschickt wurde, um die Bevölkerung auf den rechten Weg zurückzuführen. Keegan schenkte dem Gerede von den Straßen und den Gassen recht wenig Aufmerksamkeit und machte sich viel lieber sein eigenes Bild von der Kreatur, die in der Lage war ein beachtliches Loch in die Fassade der Burg zu schlagen, wie sie es auch immer erreicht hatte. Während Keegan weiterhin darüber nachdachte, trugen ihn seine Füße zu der letzten Kerkerzelle auf der rechten Seite.
Die Kerkerzelle war die größte Zelle, die diese Burg zu bieten hatte. Die Wachen, die die Kreatur am gestrigen Abend niedergestreckt hatten, wollten auf Nummer sicher zu gehen, denn einige Bewohner der Burg waren durch die hellen Lichterscheinungen und lauten Geräuschen sehr verschreckt worden. Andere erzählten, dass Magie im Spiel gewesen sein muss, jedoch wusste Keegan wie jedes Kind, dass Magie nur sehr wenige Personen im Reich einsetzten konnten. Die Kreatur jedenfalls war an ihren Vorderpfoten in Ketten gelegt worden und sie hing von der feuchtnassen Steinwand herunter. Ihre Füße schwebten einige Zentimeter über dem Boden. Es war eine aufrechte Gestalt und musste in etwa die Höhe von Keegan erreichen, jedoch wirkte sie sehr viel größer wegen den beiden großen Flügeln. Keegan hatte schon als Kind von den Legenden der Drachen gehört und wusste, dass es große, fliegende Reptilien waren, aber eine andere Spezies mit Flügel hatte er noch nie gesehen. Zusätzlich waren es keine Flügel, die aus großen Lederhäuten bestanden, sondern sie setzten sich aus vielen kleineren Federn zusammen. Recht bedrohlich hingen die großen, schwarzen Schwingen an dem noch leblosen Körper des Wesens herab. Was Keegan jedoch ziemlich irritierte, war, dass die Gestalt zivilisierte Kleidung trug. Zwar hatte das Hemd und die Hose große Flecken von Staub und getrocknetem Blut, gepaart mit einigen kleineren und auch größeren Löchern, an dessen Stellen der Stoff gerissen waren. Der mit Indigo gefärbte Umhang ließ schon auf etwas höheren Status schließen und das Emblem war dem Fuchs auch völlig unbekannt. Nichtsdestotrotz nahm Keegan seinen Schlüsselbund aus einer Hosentasche und suchte den Kerkerschlüssel heraus, der ihm von dem jungen Boten gebracht worden war, damit sich der Fuchs um die gefangengenommene Kreatur kümmern konnte.
Durch das Klimpern der metallenen Schlüssel schien die Kreatur aufzuwachen. Sie stöhnte in einer grässlichen Art und Weise, dass Keegan vor Schreck beinahe zusammenzuckte. Er hob seinen Kopf und sah mit an, wie sich die beiden Augen der Kreatur öffneten und ihn zwei gestochenscharfe Blicke anschauten. Die Ketten begannen zu rasseln, als die schwarze Kreatur an ihnen zog und rüttelte. Die Füße baumelten unterhalb der angeketteten Kreatur und Keegan öffnete die Zellentür. „Wo zur Hölle bin ich denn gelandet?“, hallte es durch die Zelle.
Keegan hatte die Tür ins Schloss fallen lassen, um danach sofort wieder zu erstarren und sein Blick blieb auf dem rätselhaften Wesen. Er konnte noch immer nicht glauben, was er da gerade gehört hatte. Dieses Wesen konnte seine Sprache sprechen. Zwar mit einem komischen Akzent, jedoch hatte der Fuchs jedes einzelne Wort verstanden. Langsam kehrte wieder Gefühl zurück in seine Arme und Beine, sodass Keegan sich langsam schreitend vor die Kreatur stellen konnte. „Du kannst unsere Sprache sprechen?“, fragte der Fuchs vorsichtig, jedoch versuchte er mit einem ernsten Blick seine Unsicherheit zu verstecken.
„Scheint so...“, sprach das schwarze Wesen und zerrte wieder etwas an seinen Fesseln. Keegans Unsicherheit begann langsam wieder zu weichen, denn der Unbekannte schien nicht wirklich aggressiv zu sein. Vielleicht etwas verärgert wegen seiner aktuellen Situation, jedoch nicht von Natur aus feindselig. Der Ritter räusperte sich und nahm wieder eine aufrechte Position ein, schließlich vertrat er zu dem Moment das Königreich Ainessa und die Königsfamilie. „Gut, dann können wir ja beginnen. Woher kommst du, fremdes Wesen? Und hast du einen Namen?“, sprach Keegan recht stolz und fordernd.
„Mein Name lautet Alex Eagle...“, sprach die männliche Kreatur und hielt für einen Moment inne. Ihm wurde während seiner Schulzeit immer gesagt, dass die Bewohner des Planeten die Ätherwelt nicht kannten. Es sollte zu einen seiner Pflichten gehören, dass er diese Erkenntnis für sich behalten sollte. Er dachte kurz nach und senkte den Kopf etwas. Keegan beobachtete ihn scharf und schien auf die Fortsetzung des Satzes zu warten. „...und ich komme von weit her, aus einem fernen Reich auf der anderen Seite des...“, sprach Alex wieder und stockte kurz, „Von der anderen Seite der Meere, genau.“
Keegan stutzte und Alex konnte sehen, wie sich die rechte Augenbraue des Fuchses immer weiter hob. Die Fesseln klimperten wieder, da Alex an ihnen zog. Er konnte fühlen, dass seine Ausrede wohl nicht gut angekommen sei, und er versuchte sofort von der peinlichen Stille zwischen den Beiden abzulenken. Plötzlich wurde die Stille wieder unterbrochen. „Du kommst von der anderen Seite der Meere? Wir wissen von nichts, was jenseits des Horizonts der Küsten unserer Länder liegt. Das ist ja höchst interessant.“, sprach Keegan recht aufgeregt, jedoch beruhigte er sich schnell wieder, „Jedoch muss ich dich mitnehmen zu unserem Lord, denn wir haben dich gefangen genommen, weil du unsere Burg erheblich beschädigt hast.“
„Ich habe was?“, entgegnete der Greif empört. Keegan sagte nichts mehr, sondern zog stattdessen sein Schwert, welches in seiner Scheide an seinem Gürtel hing. Alex schluckte und begann sich etwas hektischer in seinen Fesseln zu winden. „Hey, das können wir auch friedlich regeln.“, schlug Alex rasch vor, „Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir eine Lösung finden werden.“
„Das hoffe ich auch für dich, denn unser Lord ist, sagen wir mal, manchmal etwas schwierig. Und er war heute morgen auch nicht wirklich entzückt, als er von dem großen Loch unterrichtet wurde.“, erwiderte der Fuchs und richtete sein Schwert weiter auf den Greif, während er diesem langsam die Handschellen von den Handgelenken abnahm. Alex setzte mit den Füßen auf dem Boden auf und schaute zu Keegan. „Also ich gehe davon aus, dass du mich jetzt zu eurem Lord bringst.“, fragte Alex nochmal zur Sicherheit nach. Keegan nickte. „So sei es!“
Alex war wieder frei und als er langsam zur Zellentür ging, konnte er sein Amulett auf seiner nackten Brust unterhalb des Hemdes fühlen. Ein plötzliches Gefühl der Reue überkam ihn, denn es waren noch nicht mal vierundzwanzig Stunden vergangen und er hatte sich schon in Lebensgefahr gebracht. Jedoch war er der Meinung, dass dieser arme Ritter keine Ahnung hatte, dass er einen Wassermagier vor sich stehen hatte. Ein schneller Angriffszauber hätte ihn vielleicht töten können, jedoch entschied sich Alex gegen diese Überlegung, denn er hatte scheinbar schon genug Schwierigkeiten verursacht. Er wollte auf diesem Kontinent leben, nicht jeden Tag um sein Leben fürchten. Keegan öffnete vor ihm die Zellentür und geleitete ihn hinaus durch die Gänge und führte ihn zum Thronsaal, in dem der Lord schon auf den Unbekannten wartete.
Einundzwanzigster September – Vormittags
Der Tag fing nicht gut an. Zunächst hatte Lord Regin einen sehr unruhigen Schlaf gehabt, der auch noch von lauten Geräuschen unterbrochen wurde. Später hatte er von seinen Dienern erfahren, dass sein Schloss von einer Sternschnuppe getroffen wurde und ein riesiges Loch in eins der Gebäude gerissen wurde. Andere sprachen davon, dass ein magisches Wesen dafür verantwortlich sein sollte. Zu diesem Zwecke hatte Lord Regin seinen besten Mann losgeschickt, um sich dieses Wesen im Kerker anzuschauen und es hierher in den Thronsaal zu bringen. Lord Regin saß in seinen edlen Gewändern auf seinem Thron und kümmerte sich um seine Staatsgeschäfte, organisierte die Reparaturen an seiner Burg und musste sich auch noch mit Botschaftern aus dem Nachbarreich Tunlaw herumschlagen.
Der Thronsaal war sehr groß und pompös eingerichtet. Der Saal war rechteckig und lang, wobei jeweils vier Säulen links und rechts vom roten Teppich, der von der Tür bis zum Thron führte, die Dachkonstruktion hielten. Vom roten Teppich aus konnte man jeweils ein langhochgezogenes Fenster sehen, das einen schönen Ausblick über die Ebene von Ainessa bis hin zum Dariawald ermöglichte. Die Säulen waren rund und an ihren Enden reich verziert und mit Ornamenten besetzt. Entlang den Wänden hingen zwischen den langen Fenstern große, rote Banner des Königreiches von Ainessa. Ein großer, goldener Drache in Angriffsstellung stellte das Wappentier dieses Reiches dar. Der Thron stand gegenüber der großen Doppeltür auf einem kleinem Podest.
Hinter Lord Regin hing ein riesiges Wandgemälde. Es zeigte eine große und sehr detaillierte Szene. Viele Tierwesen waren auf der rechten Seite, die meisten von ihnen trugen Waffen und eine Rüstung. Viele Banner waren an langen Stangen befestigt, die hoch in die Luft gehoben waren. Zwischen der Menge stand auf einem großen Stein ein großer Wolf, der einen ernsten Gesichtsausdruck hatte und bestimmt auf die linke Seite des Gemäldes zeigte. Er war wahrscheinlich der Befehlsherr der Armee und die Soldaten und Söldner stürmten ebenfalls mit ernsten und wütenden Blicken auf die Mitte des Bildes zu. Auf der linken Seite sah es ähnlich aus. Der einzige Unterschied war, dass auf der linken Seite Personen abgebildet waren, die ziemlich untypisch für diese Gegend waren. Sie hatten eine helle, beigefarbene Haut anstatt von Fell oder Schuppen. Sie hatten nur Haare auf dem Kopf, etwas kleinere Augen und ein plattes Gesicht. Sie wurden spöttisch als Haarlose bezeichnet, oder auch Menschen, wie sie sich selber nannten. Die Menschen waren ebenfalls in Rüstung mit Waffen und stürmten auf die rechte Seite des Gemäldes zu. Der Himmel war bewölkt und das Land zwischen den beiden Fraktionen war öd und trist. Es stellte die große Schlacht von Akartum dar, welche vor über fünfzig Jahren geschlagen worden war.
In der Geschichte war es so, dass sich mit Hilfe des Menschens, der sich vor den Tierwesen entwickelte, sich auch später jene Tierwesen entwickeln konnten. Während die Menschen schon in Sippen zusammen um das Überleben kämpften und ihre Kultur förderten, lebten die Tierwesen noch isoliert in ihren eigenen Stämmen. Die Tierwesen jedoch schlossen sich dann eines Tages zusammen und es entstand eine multikulturelle Gesellschaft, die viele Vorteile gegenüber der Monokultur der Menschen hatte. Recht schnell entwickelten sich die Tierwesen und zogen mit den Menschen in Sachen Technologie gleich. Der Mensch, der sich in seiner Einzigartigkeit persönlich verletzt fühle, begann gegen die Tierwesen vorzugehen und es folgten fürchterliche Kriege und Schlachten, die viele Leben forderten. Das Wandgemälde zeigte die letzte Entscheidungsschlacht zwischen den Menschen und den Tierwesen, die glorreich von den Tierwesen gewonnen wurde. Das Schicksal der Menschen war besiegelt und ihre Kultur verging. Es mögen vielleicht noch vereinzelt Menschen am Leben sein, jedoch ging ihr Reich und Kultur nach der Niederlage in der Schlacht von Akartum unter.
Lord Regin tat sein Bestes, um seine Besucher und Boten abzufertigen. Für ihn waren diese Angelegenheiten momentan eher zweitrangig, denn dieses unbekannte Wesen zog sein gesamtes Interesse auf sich. Er wartete ungeduldig auf die Ankunft von Keegan und schickte entnervt seine Diener weg, da diese schon genug Befehle bekommen hatten, um die Reparaturarbeiten anlaufen zu lassen. Um die restlichen Details würde er sich später kümmern. Seine Gäste vertröstete er auf später und wies ihnen ein Gästezimmer zu, damit sie ihm für die nächste Stunde wenigstens etwas weniger auf die Nerven gehen würden. „Tunlaw begehrt wieder auf und stellt Forderungen an uns. Ich dachte mein Vater hätte ihnen damals ein gutes Argument geliefert sich nicht mit unserer Familie anzulegen.“, dachte der Wolfsherr. Er stützte sein Kinn auf seine Pfote und seufzte.
Wie lang erwartet öffnete sich endlich das Doppelportal und Keegan trat mit dem unbekannten Gast in den Thronsaal. Der alte Wolf lächelte und stand von seinem Thron auf. Einladend breitete er seine Arme aus und hieß seinen besten Ritter willkommen. Alex, der im Schlepptau des Fuchses war, blickte auf und sah zum ersten Mal den Besitzer und Herrscher dieser doch recht großen Burg. Schäbig konnte man es nennen, wie sich Alex gefühlt hatte, als er den Lord in seiner edlen Kleidung sah. Lord Regin war ein großer, etwas durch sein fortgeschrittenes Alter hagerer Grauwolf. Er hatte markante Augenbrauen über den etwas müde und angestrengten Augen. Sie waren dunkelbraun, fast schwarz. In seinem Gesicht sah man schon etwas längere, tiefere Falten sehen. Die Kleidung des alten Lords bestand aus einem weiten, schwarzen Umhang, der durch den goldenen Saum sehr teuer und exquisit wirkt. Unter dem Umhang trug der Wolf einen bordeauxfarbenen Waffenrock mit großem V-Ausschnitt auf einem seidenem beigefarbenen Unterhemd. Zu den tiefschwarzen Hosen trug er die passenden schwarzen Stiefel. Um die Hüften des Lords hing eine große Schwertscheide, die einen großen Zweihänder bereithielt. Alex schluckte, denn diese Klinge wäre sicherlich in der Lage gewesen ihm mit einem kräftigen Hieb einen Arm oder gar seinen Körper zu durchtrennen. So respektvoll wie möglich folgte der Greif dem Fuchs, welcher sich fast wortlos zum Thron begab und sich kurz hinkniete. Nachdem Keegan sich wieder erhoben hatte, trat Alex in seiner dreckigen und zerrissenen Kleidung vor den Lord. Langsam sank sein Gesicht nach unten und er wartete.
„So, dies ist also der Neuankömmling...“, sprach Lord Regin mit einem leicht verärgerten Tonfall. Alex regte sich nicht und wartete weiter, um den Moment abzuwarten, in dem er reagieren solle. Der Greif konnte deshalb nicht sehen, wie ihn der Lord mit seinem Blick prüfte und musterte. Der alte Wolf hatte schon vieles in seinem Leben gesehen, aber solch ein Wesen war ihm noch nie unter die Augen getreten. Vielleicht kam es von weit her, vielleicht ist sein Wissen für ihm und seinem Volk wertvoll? „Stimmt es, dass ihr in der zurückliegenden Nacht meine Burg angegriffen habt? Es wurde ein beträchtlicher Schaden an einem der Wohngebäude festgestellt.“, führte Lord Regin fort.
Alex sah dies als eine Aufforderung an und hob sein Gesicht an und schaute in die weisen Augen des Wolfes. Er überlegte, wie er sich gegen diese Anschuldigung am Besten wehren könnte. Er wusste nichts, was gestern nach dem Austritt aus dem Reisetunnel mit ihm passiert war. Er hatte nur den Sog gefühlt und dann einen kurzen, dumpfen Schmerz, der einem größeren gefolgt war. „Nein, ich hatte niemals die Absicht eure Burg anzugreifen... Lord...“, kam als Antwort von dem schwarzen Greifen. „Ihr sprecht mit Lord Regin, Herrscher von Ainessa.“, fügte Keegan hinzu, während Alex noch am Überlegen war. Der Greif nickte nur zustimmend zu dem Fuchs.
Lord Regin schien diese Antwort erwartet zu haben, denn er sprach sofort weiter und legte Alex die nächste Anschuldigung vor. „Warum wurdet ihr dann in dem zerstörten Gang gefunden? Ich habe euch noch nie vorher in meiner Burg gesehen...“ Alex war zunächst sprachlos. War es wirklich so, dass er nachwievor dafür verantwortlich war? Er konnte sich selber nicht erklären, dass er an dem Ort der Zerstörung gefunden worden war. Es hieß für ihn, dass er sehr schnell denken musste, um entweder eine glaubhafte Ausrede zu finden... Oder schließlich doch zugeben, dass er es war, der die Burg beschädigt hatte. „Ich kann mir das nicht erklären, Lord Regin.“, sprach Alex etwas unsicher.
„Nicht sehr glaubwürdig, wenn ihr mich fragt... Jedoch können wir darauf später nochmal zu sprechen kommen. Ich möchte doch schon gerne wissen, wer ihr seit und woher ihr kommt, Fremder.“, fragte der Lord und verschränkte seine Arme vor der Brust. Alex' Finger zuckten und er kniete sich langsam vor der Treppe, die zum Thron führte, nieder. „Wie ihr es wünscht. Mein Name lautet Alex Eagle und ich komme von der anderen Seite der Meere. Ich gehöre dem Geschlecht der Greifen an, Milord.“
Schließlich hatte es Alex geschafft doch das Interesse des Wolfes an seiner Person zu erwecken. Der Wolf hob seine Augenbraue und setzte sich langsam auf seinen Thron. Überlegend stützte er sein Kinn wieder auf seiner Pfote und tippte mit einer einzelnen Kralle auf der Armlehne des Throns. Er schaute hoch zu Keegan und sprach: „Hole mir bitte Grim Oren, meinen Berater.“ Der Fuchs nickte zu seinem Herrn und trat mit großen, sicheren Schritten in Richtung des Doppelportals, um in einem der vielen Gänge der Burg zu verschwinden. Eine peinliche Stille folgte und keiner der beiden Herren sprach auch nur ein Wort. Alex, der immer noch etwas peinlich berührt war, ließ seinen Kopf hängen und der Lord schaute von oben auf ihn herab.
„Dann ist wohl dieses Symbol auf deinem Umhang das Erkennungszeichen deiner Sippe.“, setzte der Lord nach. Jedoch verwunderte es ihn, dass der Greif sich auf diese Bemerkung hin nicht regte. Sippe war eine sehr herabwürdigende Bezeichnung eines Volkes oder einer Familie, die noch aus der Zeit herührte, in der die Tierwesen noch vereinzelt in Sippen gelebt hatten. Der Greif hob langsam wieder seinen Kopf an und schaute dem Lord ins Gesicht. „Dem ist so, Lord Regin.“, sprach Alex und zeigte nicht die Spur von Scham. Der Wolf sah, dass dieser Mann am Fuße seines Podestes ein stolzer Mann war, und das gefiel ihm. Ein Grinsen erschien auf dessen Lippen.
Es dauerte auch nicht mehr lange, bis dann auch endlich Keegan mit Lord Regins Berater zurückkehrte. Grim Oren war ein alter Steinbockmann, der in einer weiten schwarzen Robe gekleidet war, und unter dem Arm einen großen, schweren Wälzer trug, in dem er bis vor Kurzem noch gelesen hatte. Auf der Schnauze trug er eine kleine Lesebrille, durch die seine grauen, müden Augen schauten. Der Steinbock schien sehr weise und wissend zu sein, jedoch ziemlich gebrechlich zugleich. Grim Oren schritt gemächlich an Alex vorbei und gesellte sich neben seinen Lord. „Ihr habt gerufen, Lord Regin. Womit kann ich euch dienen?“, ertönte die recht heisere Stimme des Bocks.
„Ich habe euch gerufen, weil ich mit euch über den Vorfall der letzten Nacht sprechen möchte. Ich habe auch den Fremden hier, der bei dem Loch von den Wachen aufgeschnappt wurde.“, erklärte Lord Regin und deutete dabei auf Alex, „Ich bin von seiner Schuld überzeugt, jedoch kann ich mir nicht erklären wie er es geschafft haben soll solch eine Zerstörung zu verursachen. Ich bin mir sicher ihr versteht mein Problem, Grim Oren.“ Der Steinbock nickte dem Wolf zu und räusperte sich. „Zusätzlich möchte ich mit euch, mein königlicher Berater, diskutieren, wie wir weiterhin mit dem Fremden verfahren.“, fügte Lord Regin noch hinzu, „In der Zwischenzeit seit ihr entlassen, Alex... Ihr dürft euch innerhalb der Burg frei bewegen, jedoch diese nicht verlassen. Falls ihr irgendwelchen zusätzlichen Ärger bereitet als ihr bis zu diesem Zeitpunkt eh schon getan habt, dann lasse ich euch jagen und töten. Keegan, behalt ein Auge auf ihn.“ Keegan nickte und machte eine schnelle Verbeugung vor seinem Lord.
„Wie ihr befehlt.“, bestätigte Keegan und begab sich wieder in die Senkrechte. Er schaute auf den schwarzen Greifen, der wie ein begossener Pudel da stand und nicht wirklich wusste, was er nun tun sollte. Nachdem Lord Regin ihn mit der Pfote weggewinkt hatte, setzte Alex sich endlich in Bewegung und verließ den Thronsaal durch das Doppelportal. Keegan folgte ihm mit einigem Abstand, immer ein wachsames Auge auf ihn geworfen.
Einundzwanzigster September – Kurz vor Mittag
Zum ersten Mal erblickte Alex die Sonne vom Planeten aus und der warme Sonnenschein zauberte ein Lächeln auf sein Gesicht. Es war ein herrlich warmer Herbsttag mit nur wenigen Wolken am blauen Himmel. Eine kühlende, frische Brise zog durch die Gassen und Straßen der Wohnstadt unterhalb der inneren Burg. Das Schloss von Ainessa bestand aus zwei Sektoren, der inneren und der äußeren Burg. Innerhalb der inneren Schutzmauern standen der Burgfried, Wohngebäude der Soldaten, Söldner und anderen Bediensteten und das Lagerhaus mit der Waffenkammer. Zusätzlich reckte sich auch der Glockenturm der königlichen Privatkapelle gen Himmel. In der äußeren Burg wurde durch die äußeren Burgmauern die Wohnstadt mit all kulturellen und zivilen Gebäuden und Einrichtungen beschützt. Außerhalb lagen die landwirtschaftlichen Felder, die Mühle und mehrere Bauerndörfer.
Alex schlenderte durch die Hauptstraßen der äußeren Burg, die im Volksmund nur als „die Stadt“ bezeichnet wurde. In der Stadt standen viele bürgerliche Häuser, die meistens aus Holz und Lehm gebaut worden waren, aber jedoch zum Teil schon Dächer aus Tonziegeln besaßen. Andere Gebäude waren schon aus massivem Stein errichtet worden, welche aber recht selten waren, oder hatten anstatt von Tonziegeln noch lange Holzbalken als Baumaterial für die Dächer. Dazwischen tummelten sich einige kleine Geschäfte oder Zunfthäuser, die das Bild der Straßen und Gassen noch ein wenig auffrischten. In der Mitte der Stadt war ein großer Platz um einen Brunnen herum. Dort waren oft der Wochenmarkt, besondere Veranstaltungen wie Feste oder Kundgebungen aus der inneren Burg zu hören, die dort immer verlesen wurden. Kurz, der Brunnenplatz war Dreh- und Angelpunkt des öffentlichen Lebens in der Stadt.
Alex wanderte über die ungepflasterten, jedoch festgetrampelten Wege direkt auf den Brunnenplatz zu. In sein Blickfeld wanderten zwei große, auffällige Gebäude. Auf der linken Seite stand eine kleine Kathedrale, die aus massivem Sandstein erbaut worden war. Die Kathedrale hatte zwei identische Kirchtürme, welche sich circa 30 Meter in die Höhe streckten. Die Fassade war reich verziert und mit kleineren und größeren Figuren und Wasserspeiern ausgestattet. Ein großes, buntes Rosettenfenster überhalb der Eingangsportale ließ Licht ins Innere der Kathedrale. Das Gotteshaus war länglich und ein grünes geziegeltes Dach zog sich mit dem Kirchenschiff entlang. Das Ende der Kathedrale war kreisrund. Überall waren bunte Fenster, damit man im Inneren überhaupt etwas sehen konnte. Gegenüber der Kathedrale stand ein anderes steinernes Gebäude. Die recht schlichte Fassade beherbergte die Bibliothek der Stadt, die Stätte allen Wissens und Kultur lagerte in ihr. Das Gebäude war einfach gehalten und zog sich ebenfalls rechteckig nach hinten lang. Das feuerrote Dach leuchtete im Sonnenlicht und das Eingangsdoppelportal war geöffnet. Auf dem Platz zwischen diesen beiden großen Gebäuden waren viele Bewohner und wanderten zwischen den vielen Marktständen hin und her. Reger Handel und ein großes Angebot belebten den Markt, denn viele Früchte waren gerade geerntet worden und konnten angeboten werden.
Aus seinen Augenwinkeln konnte Alex von Zeit zu Zeit sehen, dass Keegan ihm auf den Fersen blieb. Der Fuchs kümmerte sich zwischendurch auch immermal um seine eigenen Angelegenheiten und unterhielt sich mit einigen anderen Personen. Alex interessierte sich sehr für die Bibliothek, denn er war gespannt wie weit entwickelt diese Kultur denn war. In der Ätherwelt war die technische Entwicklung viel weiter, was auf Grund der Leistungen der Elementarmagier vorangetrieben worden war. Der Greif wanderte über den Brunnenplatz und schlängelte sich zwischen den Marktbesuchern und Verkaufsständen in Richtung Bibliothek. Das muntere Handeln und Getratsche der einkaufenden Frauen wurde immer leiser, je weiter Alex in die große, stille Bibliothek eintrat. Er stand in der großen Eingangshalle, die ein großes Deckengewölbe über Alex' Kopf aufspannte. Jeweils eine kleine Holztür waren links und rechts von dem Greifen aus, jedoch schienen sie viel zu uninteressant. Eine Holztreppe führte zu den oberen Stockwerken und zu einer Balustrade, die die Eingangshalle an den Wänden im zweiten Stock umsäumte. Gegenüber der Eingangstür lag ein Doppelportal, welches halb offen stand. Es führte in den Bibliothekssaal.
Der Bibliothekssaal war wirklich riesig und Alex hatte den Eindruck, dass er vielleicht sogar den Thronsaal Lord Regins in Sachen Größe in den Schatten stellte. Der Saal war rechteckig im Grundriss und zog sich weit nach hinten. Riesige, vielleicht über 5 Meter hohe Regale standen in langen Reihen da und bildeten lange Gänge zwischen sich. In den Gängen standen hier und da kleine Podeste, die aufgeschlagene Bücher auf sich liegen hatten. Lange Leitern waren an einige Regale gelegt, um die hoch oben stehenden Bücher zu erreichen. Die Luft war etwas abgestanden von den vielen Büchern und den geschlossenen Fenstern, jedoch hatte es nicht muffig gerochen. Der Saal war etwas dunkler, jedoch schienen durch hohe Fenster Sonnenstrahlen in den Saal und erleuchteten ihn etwas. Lange, grüne Gardinen hingen links und rechts von den hochgezogenen Fenstern. Gleich rechts neben dem Eingangsportal war eine verzierte Theke, hinter der ein etwas älterer Herr auf einem Stuhl saß und in einem Buch las.
Alex sprach kein Wort und machte auch fast kein Geräusch, als er in den stillen Saal eintrat. Er betrachtete den Bibliothekar etwas genauer, als er langsam vor die Theke trat. Alex war sehr erstaunt, als er den Mensch vor sich als solchen erkannte. „Ich dachte die wären hier nicht ansässig...“, hallte es in Alex' Bewusstsein. Der Mensch war um die Anfang vierzig und hatte lange braune Haare, die hinten zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden waren. Zwischen den dichten Haaren tummelten sich auch schon ein paar graue Haare. Auf seiner kleinen Nase saß eine ebenfalls kleine Brille mit runden Gläsern. Er trug eine grüne Robe und ein langes, schwarzes Unterhemd darunter. Alex stand leise atmend vor der Theke und war im Begriff zu sprechen, jedoch schloss der Mann vor ihm das Buch und sprach ohne aufzublicken: „Wie kann ich ihnen helfen?“
Der Greif schaute auf den Bibliothekar herunter und dieser erwiderte seinen Blick. Die Augen des Menschen waren tiefblau und wunderschön, jedoch der Blick war wie durchbohrend. Alex senkte etwas sein Gesicht. „Ich bin neu hier und habe die Bibliothek bei meinen Streifzügen durch die Gassen entdeckt. Ich interessiere mich für Kultur, wissen sie?“, sprach Alex und trat noch etwas näher. Der Mann vor ihm stand von seinem Stuhl auf und strich seine Robe etwas glatt. „Können sie denn überhaupt lesen?“, fragte der Bibliothekar zurück. Alex schaute etwas beschämt auf sein Äußeres, denn seine schmutzige und zerrissene Kleidung ließ nur sehr schwer darauf schließen, dass Alex wohl etwas gebildet sei. Immerhin sah er etwas wie ein Straßenvagabund aus.
„Ja, ich kann lesen... Es mag zwar nicht so aussehen, aber ich kann es.“, fügte Alex hinzu. Der ältere Mann musterte ihn noch genauer und zeigte dann mit einer Hand auf das große Messingschild, dass oben an dem Regel hinter der Theke hing und in schwarzen Lettern „Ausleihe“ auf sich stehen hatte. Alex nickte und las das Wort sicher vor, was dem Bibliothekar ein kleines Lächeln auf seine dünnen Lippen brachte. „Ich freue mich sie kennenzulernen. Es gibt nicht sehr viele, die das können. Mein Name ist Lee Orchid und ich führe mit meiner Familie diese Bibliothek. Ich hoffe ihr könnt euch hier mit Wissen bereichern.“, sprach der Bibliothekar und trat um die Theke herum. Alex lächelte und nickte, als er mit Lee die Hände schüttelte. „Darf ich euch einen kleinen Rundgang anbieten?“
Alex nickte erneut und fügte hinzu, dass es ihn sehr freuen würde herumgeführt zu werden. Lee deutete zu den langen Gängen zwischen den Regalen und ging schonmal etwas voraus. Alex schaute sich interessiert um und entdeckte die unterschiedlichen Themengebiete, wonach diese Bibliothek geordnet worden war. Dichtkunst, Legenden und Mythen, Architektur, Naturkunde, Geographie, die Geschichte Ainessas, die Geschichte des Iomads und viele weitere Bereiche, die man hätte aufzählen können. Zwischen den Gängen entdeckte Alex auch einen großen Kamin mit zwei komfortablen Sesseln davor. Zwischen den Sesseln stand ein kleiner, runder Tisch und ein großer Teppich war vor dem Kamin ausgelegt. „Und ich kann die Bücher über die Entstehung der aktiven Magienutzung nur empfehlen. Sie sind sehr interessant und erklären auch, warum unsere Gesellschaft heute noch so skeptisch gegenüber der Magie ist. Sie ist schwierig zu erlernen, noch schwieriger sie richtig zu nutzen und Magieunfälle sind meist verheerend gewesen.“, sprach Lee, als er Alex durch die Regale über die Anfänge der Magie führte, „die Bücher über die Benutzung der Magie und wie man sie erlernt sind jedoch vor einigen Monaten von Lord Regin und dessen Beratern eingezogen worden. Ein Jammer, wenn man mich fragt. Achja, und das ist meine Tochter...“
Alex hatte gehofft in der Magieabteilung Bücher zu finden, die ihm bei seinen Fähigkeiten noch weiterbilden könnten und hatte deswegen den Kopf noch weit erhoben und las einige Buchtitel auf deren dicken Buchrücken, als Lee seine Tochter erwähnte. Langsam wandte der Greif seinen Blick zur Seite und schaute den Gang entlang nach hinten. Seine grünen Augen weiteten sich und er stieß ein leises „Ach!“ aus. Zwei Regale weiter hinten tauchte ein violettes Leuchten die Bücher und Regale in sein Licht. Ungefähr drei Meter über dem Boden schwebte ein junges Menschenmädchen. Ihr Körper war von einem violetten Licht umsäumt, während sie vor dem Regal schwebend einige Bücher einsortierte. Langsam und ohne jede Hast bewegte sie sich an dem Regal entlang und prüfte die Bücher auf ihre richtige Sortierung. Lees Tochter war zarte sechzehn Jahre und hatte hüftlanges, violettes Haar. Ihre Augen waren ebenfalls wie ihr Haar violett, jedoch etwas heller. Mit einem kleinen freundlichen Lächeln sank sie langsam wieder auf den Boden und wischte sich mit einem kleinen Taschentuch etwas Schweiß von ihrer Stirn. Nachdem sie auf dem Boden gelandet war, verschwand langsam ihre magische Aura und das violette Licht erlosch. Sie steckte das Taschentuch wieder in eine kleine Tasche an den Seite ihres knöchellangen, weißen Rockes. Obenrum trug sie ein hellrotes, langärmliges Hemd mit einem verzierten Kragen, der sich umgekrempelt an ihren Hals schmiegte. Ihre Haut war viel jünger und etwas heller als die ihres Vaters. Sie erblickte Lee und dessen Gast, der nur ein paar Schritte hinter ihm stand. „Wer ist das, Vater?“, fragte sie neugierig.
Alex schaute immernoch etwas fasziniert und nickte dem jungen Mädchen zu. „Das ist ein neuer Gast. Er hat uns aufgesucht, um sich unsere Sammlung anzuschauen und um sich mit ihrer Hilfe weiterzubilden.“, sagte Lee zu seiner Tochter. Alex trat noch etwas näher und seine Augen ruhten auf der zierlichen Erscheinung des Mädchens. Sie erwiderte den Blick in seine grünen Augen und nickte ebenfalls. „Es freut mich sie kennenzulernen.“, sagte sie höflich. Alex winkte ab und lachte heiter.
„Ich bin wahrscheinlich nur ein paar Jahre älter als du, Kleine. Du kannst ruhig zu mir auch Du sagen. Ich bin übrigens Alex.“, sprach der Greif und schaute weiter auf das Mädchen herunter. Sie war ungefähr einen Kopf kleiner als Alex und machte einen kleinen Knicks. „Mein Name lautet Cris.“, sagte das Mädchen und wandte sich zu ihrem Vater, der sehr zufrieden schaute. Alex streckte seine Arme aus und strich mit seinen Händen über seine zerrissene Kleidung.
„Entschuldigt bitte mein Erscheinungsbild.“, sagte Alex, aber Lee winkte ebenfalls ab und meinte, dass es schon in Ordnung sei. Äußerlichkeiten sind nicht das Allerwichtigste. „Ich habe gesehen, dass du schweben kannst. Und die gefärbte Aura um dich herum ist auch wunderschön. Bist du etwa eine Magierin?“, fragte Alex nach und schaute dabei weiterhin Cris an. Lee streckte seinen Arm aus und bat Alex und seine Tochter ihm zu folgen, damit sie nicht im Gang herumstehen müssen, während sie sich unterhielten. Der Bibliothekar führte seine Tochter und Alex zu dem großen Kamin. Während er anschließend Feuerholz holte, hatten sich Alex und Cris schon in die beiden großen Sessel gesetzt. Lee setzte sich zu ihnen auf einen anderen, mitgebrachten Stuhl, nachdem er das Feuer im Kamin angemacht hatte.
„Mein Wissen über die Magie ist groß, denn ich habe viel über die arkanen Mächte gelesen. Auch viel über das empfindliche Gleichgewicht der vier großen Elemente. Jedoch bin ich, wie meine Frau, nicht in der Lage Magie zu wirken. Cris hingegen ist begabt und weiß von ihren Fähigkeiten seit einem kleinen Zwischenfall in der Schule. Möchtest du es unserem Gast vielleicht selber erzählen?“, sprach Lee und Alex hörte ihm aufmerksam zu. Cris hatte sich auf der Armlehne des Sessels abgestützt und beobachtete viel lieber das helle, warme Feuer im Kamin. Sie blickte auf und wandte sich Lee und Alex zu.
„Naja, es war nichts besonderes. Ich war erst ungefähr acht Jahre alt und ein paar ältere Kinder hatten mich und meine Freundinnen geärgert. Ich war so wütend, dass sich meine Wut sammelte und ich die bösen Jungs alle von mir hinweggeschleudert habe mit einer arkanen Sphäre. Das hat sie dann gelehrt mich in Ruhe zu lassen.“, erzählte Cris, jedoch schaute sie dabei weiterhin lieber den Flammen zu, wie sie das Holz verzehrten. Sie machte keinen Hehl draus, dass sie nicht so wirklich in der Stimmung war sich mit dem neuen Gast zu beschäftigen oder ihn gar anzuschauen. Zusätzlich war er auch noch schäbig angezogen. „Ich verstehe.“, sprach Alex und entdeckte eine kleine Schweißperle auf der Stirn des Mädchens, „Du schwitzt?“
Cris schaute zunächst zu dem Greifen und holte dann wieder ihr Taschentuch heraus, um sich die Stirn abzuwischen. „Wie? Da war noch etwas Schweiß? Ich dachte ich hätte alles abgewischt.“, sagte sie hektisch und faltete das Taschentuch wieder zusammen, „aber das durch die Luft levitieren ist auch anstrengend. Zwar anstrengend, aber sehr praktisch und hilfreich.“ Alex stutzte und senkte seinen Blick, während er angestrengt überlegte. Das war ihm neu, dass das Benutzen von Magie richtig anstrengend war. Er kam höchstens bei einigen schweren Zaubern ins Schwitzen, aber eher, weil er höllisch aufpassen muss, dass er den Spruch auch richtig ausführte. „Ich meine... Du bist zwar noch jung und ein Mädchen, aber Zaubern sollte dich nicht wirklich anstrengen.“, meinte Alex und schaute in ein erstauntes Gesicht des Bibliothekars.
„Woher willst du denn das wissen?“, sagte Cris etwas empört, als hätte Alex sie in ihrer Privatsphäre gestört oder einen unmöglichen Kommentar zu Etwas abgegeben, was ihn absolut nichts angehen sollte. Lee war auch sehr überrascht über die Aussage des Greifen und just in diesem Moment realisierte Alex, wie stark er sich eben gerade verplappert hatte. Er versuchte rasch noch die Situation zu retten und räusperte sich. „Das habe ich natürlich von einem anderen Magier gehört.“, fügte er schnell hinzu.
„Magier sind sehr selten hier in Ainessa und gute Magier lassen sich nicht in die Karten schauen. Magier versuchen immer ihren Erschöpfungsgrad beim Zaubern zu verbergen, denn das es ein schwerer Akt ist, das sollen die nichtmagiebegabten Bewohner nicht wissen. Du musst selber ein Magier sein, da du solches Wissen besitzt.“, erzählte Lee und drängte Alex damit immer weiter gegen die Wand. Er konnte sich nicht mehr herausreden, dafür hat er schon zu viel von seinem wahren Wissen preisgegeben. Nur durften es nicht viel mehr Personen erfahren. Schließlich nickte Alex dem Bibliothekar zu. „Ja, es stimmt. Ich bin ein ausgebildeter Magier.“, gab Alex zu, während er seinen Umhang öffnete und ihn über die rechte Armlehne des Sessels legte. Ihm war schon etwas warm geworden. Lee erblickte die Zeichen auf dem Umhang und nickte nur zurück zu dem Greifen.
„Ihr seit Wassermagier, wie mir scheint...“, vermutete Lee und stützte sein Kinn in seiner rechten Hand. Alex staunte nicht schlecht, dass dieser ältere Mann fast nahezu alle Details der arkanen Welt kannte. Er fühlte sich etwas wie ein offenes Buch, in dem Lee nach Lust und Belieben lesen konnte. Alex sagte nichts, sondern nickte nur. Recht entspannt lehnte sich Cris in ihrem Sessel zurück und schaute weiterhin ins Feuer. „Dann wart ihr es auch, der mich heute Nacht geweckt habt.“, sagte sie emotionslos. Alex hörte von immer mehr Quellen, dass in der Nacht was gewesen sei musste. Scheinbar war dieses Ereignis auch sehr laut und schien ebenfalls mit Magie zusammenzuhängen. Auch diesmal nickte Alex und strich sich über den Oberschenkel. „Ja, ich denke schon, dass ich es war. Ich kann mich zwar an kaum was erinnern, jedoch scheint es keine andere Erklärung dafür zu geben. Und Lord Regin weiß noch nicht, was er mit mir wegen der Angelegenheit machen soll.“, erzählte Alex und seufzte anschließend. „Jedoch möchte ich euch nicht die ganze Zeit belästigen. Ich habe gegenüber diese große Kathedrale gesehen und würde die gerne auch mal besuchen.“
Lee stand von seinem Stuhl auf und reichte Alex eine Hand, um ihm aus dem Sessel heraus zu helfen. Er klopfte dem Greifen auf eine Schulter und geleitete ihn aus der Bibliothek. Er blickte nochmal kurz zu Cris, die sich wieder um ihre Aufgabe kümmerte. Sie sprach den Levitationszauber und begann wieder in ihrer violetten Aura zu schweben. Lee verabschiedete Alex und der Greif schlenderte wieder über den Brunnenplatz etwa in Richtung auf die große Kathedrale zu.
Einundzwanzigster September – Mittags
Zur Mittagszeit war die Kathedrale reichlich besucht und viele Bewohner der Stadt wanderten leise und andächtig durch das Kirchenschiff. Alex schaute sich sorgsam um und bewunderte die hohe Decke und das aufwändige Deckengewölbe. Riesige Säulen säumten den Weg von dem Eingangsportal bis zum Altar. Nahe der Decke waren in den Wänden schöne Buntglasfenster eingearbeitet, die Licht in das Innere des Gotteshauses ließen. Das Rosettenfenster erstrahlte in seinem Glanze, während die Sonne durch das bunte Glas schien. Alex senkte seinen Blick und bemerkte, dass sich in dieser Kathedrale sowohl arme Bauern als auch die reichen Händler und wohlhabenden Bürger sich hier in diesem Gebäude zur Ausübung derer Religion trafen.
Nachdem sich Alex so circa eine halbe Stunde in der Kathedrale umgeschaut hatte, kam eine hochgewachsene, hagere Gestalt auf ihn zu. Die Gestalt war komplett in weißen Gewändern gekleidet und unter der Kapuze konnte Alex die Konturen eines jungen Wolfes erkennen. Wortlos nickte er dem Wolf zu und grüßte ihn. Der Wolf, der sich als Priester der Kathedrale zu erkennen gab, grüßte zurück und bat den neuen Besucher Richtung Altar, während er sich mit dem Greifen unterhalten wollte. „Ich sehe nicht häufig neue Gesichter. Woher kommt ihr und was sucht ihr an diesem heiligen und friedlichen Ort?“, fragte der Priester. Er hatte seine Augen auf den Greifen gerichtet, als sich der große, kunstvolle Altar sich vor ihnen in Richting Decke erhob. Ein ziemlich großes Holzkreuz ragte aus dem Altar in die Luft.
„Mein Name ist Alex Eagle und ich komme von jenseits der Meere.“, begann Alex zu erzählen, „Ich bin in diese Kathedrale gekommen, weil ich mich sehr für Kultur interessiere. Außerdem suche ich nach etwas Ruhe, bevor ich wieder vor Lord Regin trete.“ Der Priester nickte dem Greifen zu und beide kamen kurz vor dem Altar zum Stehen. Der junge Wolf musterte Alex nochmal genauer und wandte sich dann einem kleinen Schränkchen direkt neben dem Altar zu. Er öffnete die kleinen Flügeltürchen und nahm ein sauberes Tuch und eine Ampore Wasser heraus. „Ich bin übrigens Bruder Francis. Ihr solltet euch waschen und euch um eure Wunden kümmern. Sicherlich war die Reise von eurer Heimat aus sehr weit und beschwerlich.“, sprach der Priester. Er reichte Alex das Tuch und das Wasser und zeigte ihm, wie er zu einem kleinen Zimmer kam, in dem er sich waschen konnte. „Ich werde euch auch schlichte Kleidung bringen, denn in einem solchen Lumpen würde ich unserem Lord nicht unter die Augen treten.“, fügte Francis noch hinzu.
Alex wanderte durch die Kathedrale und stieg eine kleine Wendeltreppe, die in die massive Wand eingelassen wurde, hinab. Nach einem langen Gang, der von Fackeln an den Wänden erleuchtet wurde, erreichte Alex auch das Zimmer. Nachdem er mit Hilfe einer brennenden Fackel an der Wand die anderen Fackeln im Zimmer angezündet hatte, goss der Greif etwas frisches Wasser in eine Messingschale, die auf dem Tisch stand. Langsam zog Alex seinen Umhang und sein Hemd aus. Als er die dreckige Kleidung ablegte, klimperte das Amulett auf Alex seiner Brust. Er erschrak kurz, lächelte jedoch wieder, als er das Amulett in eine Pfote nahm und sich an Gestern erinnerte. Wie es doch alles noch so einfach gewesen war, wie sein Leben bis dahin so gradlinig und klar strukturiert gewesen war. Und nun... Er war in einer fremden Welt und was morgen auf ihn warten würde, hatte er keinen blassen Schimmer. Alex tauchte das Tuch in das Wasser und strich sich mit dem nassen Stoff über den Körper, um ihn von dem getrockneten Blut und etwas Schmutz zu reinigen. Während er das kühle Tuch auf seinem Körper fühlte, fiel ihm noch ein, dass er seinen Rucksack nicht hier hatte, den er jedoch für die Ankunft bekommen hatte. Die Magiebücher sollten nicht in falsche Hände geraten, denn wenn die Tierwesen hier eh schon etwas skeptisch gegenüber Magiern waren, dann sollte es doch lange Zeit ein Geheimnis bleiben, dass Alex ein Magier ist. Er würde Lord Regin fragen, ob sein Rucksack auch von seinen Wachen aufgelesen worden war oder nicht.
Es dauerte nicht lange, bis der Priester an der Tür klopfte und eintrat. Alex zuckte zusammen und nahm das nasse Tuch, um seinen nackten Oberkörper zu bedecken, was dem Priester ein heiteres Lachen entlockte. „Es tut mir leid, ich dachte ihr wäret schon fertig gewesen.“, besänftigte der Priester den Greifen, welcher dann doch langsam das Tuch wieder herunternahm und dem Wolf einen Blick auf seine nun saubere Brust gewährte. Der Wolf stand zunächst regungslos da und sein Blick war auf Alex gerichtet. Erst nach einigen Sekunden reichte er dem Greifen ein neues Hemd und ein neues Paar Hosen.
„Ist was gewesen?“, fragte Alex neugierig, während er sich die neue Kleidung über den Kopf streifte. Francis schüttelte lächelnd den Kopf und versicherte, dass Alles in bester Ordnung sei. Der Wolf sammelte die kaputten Hosen und das mit Löchern übersäte Hemd ein und trug sie langsam nach draußen. Alex folgte ihm, nachdem er die Fackeln gelöscht hatte, und sah, wie der Wolf einem jungen Hasen die Kleidung übergab. Alex war außer Hörreichweite, jedoch vermutete er, dass der Priester dem Jungen nur Anweisungen gegeben hatte, was mit der Kleidung passieren sollte. Francis kehrte auch bald wieder zu Alex zurück. „Ich werde deine alte Kleidung flicken und waschen lassen. Ich denke du kannst sie dann bald abholen. Morgen Abend wäre ein guter Zeitpunkt dafür.“, sprach Bruder Francis und Alex beugte sich vor dem Priester aus Dankbarkeit nieder. „Ihr seit mir momentan eine große Hilfe, Bruder Francis. Ich hoffe ich kann euch auch irgendwie von Nutzen sein.“, entgegnete Alex und schaute wieder in das lächelnde Gesicht des Wolfes.
„Das werdet ihr zur passenden Zeit sein, Alex. Da bin ich mir sicher.“, sprach Francis und kicherte fröhlich zwischendurch, „Lass mich euch noch meinen Segen und den Segen der Kirche geben, damit ihr auf euren Reisen geschützt seid.“ Alex nickte und blieb stehen. Francis schlenderte um den Greifen herum und legte seine Pfote zwischen die beiden großen Schwingen auf den Rücken. Der Priester begann einige Sätze zu murmeln und Alex schloss die Augen, was ihm das schwache Licht entgehen ließ, welches von Francis' Pfote leuchtete. Das Licht war auch schnell wieder verschwunden und Alex öffnete erst nach dem völligen Verschwinden des Lichtes wieder die Augen. Er zuckte kurz am ganzen Körper und schaute nach hinten auf den Wolf. „Es fühlt sicht etwas komisch an, Bruder Francis. Ist das normal?“, fragte Alex etwas unsicher und fühlte seine Pfote zittern. Der Priester beteuerte, dass dies das Gefühl sei, wenn der göttliche Segen in den Körper einfahren würde und beglückwünschte den Greifen noch nachträglich, dass die Mächte von oben selbst ihren Segen für ihn gegeben hatten. Alex lächelte nur und wusste dann so recht nicht, was er sagen sollte. Er verabschiedete sich schließlich und wandte sich zum Gehen. Francis grinste schelmisch und winkte dem Greifen zu, während er allein das kleine, weiße Symbol auf dem Rücken des großen Vogels sehen konnte. „Oh ja, er wird mir noch nützlich werden.“
Einundzwanzigster September – Nachmittag
Lord Regin hatte sich mehr als zwei Stunden mit Grim Oren, seinem königlichen Berater, beraten, um das zukünftige Schicksal des Greifen zu beschließen. Schließlich waren sie doch zu einem Entschluss gekommen und hatten Alex Eagle in Begleitung von Keegan zu sich in den Thronsaal bestellt. In Alex machte sich wieder die Anspannung von heute morgen breit und er sank kniend auf den roten Teppich. Der Lord saß wie gewohnt auf seinem Thron und zu seiner Linken stand der alte Steinbock und hielt ein schweres, in Leder gebundenes Buch in seinen Armen.
Langsam erhob sich der Wolf und schaute auf den vor sich niederknienden Greifen. „Ich, Lord Regin Faolan von Ainessa, kam mit meinem Berater zu einem Schluss. Da ihr, Alex Eagle, scheinbar über noch unbekannte Kräfte verfügt und einen beträchtlichen Schaden an meinem Eigentum verursacht habt, verurteile ich euch zur Zwangsarbeit am Hofe Ainessas. Ihr werdet einer meiner Bediensteten sein, bis ich der Meinung bin, dass eure Schuld beglichen ist.“, tönte der Wolf mit angeschwellter Brust, während er höflich formulierte. Alex begriff recht schnell, was es bedeutete. Er wurde soeben versklavt. Nun gut, er war noch am Leben, aber ob dies eine so rosige Aussicht in die Zukunft war, bezweifelte Alex. Er hatte sich seit der Verkündung des Urteils noch nicht bewegt und hob langsam den Kopf an. Der Blick des Lords ließ keinen Zweifel, dass er es ernst meinte. Alex entschloss sich nicht zu wehren und die Entscheidung zu akzeptieren, obwohl in seinem Hinterkopf immernoch die Option eines spontanen Zauberangriffes umherspukte. Der Greif nickte einmal.
„Euch wird bei den anderen Dienern des Hofes ein Bett und etwas Stauraum bereitgestellt. Ihr werdet von der Hofküche verpflegt und müsst euch nicht um den Haushalt kümmern. Jedoch seit ihr verpflichtet sofort und zu jeder Zeit einen Befehl oder einer Aufgabe von mir oder meiner Stellvertreter entgegen zu nehmen.“, fügte Lord Regin noch hinzu und wandte seinem neuen Sklaven den Rücken zu. Alex zitterte unmerklich, jedoch fühlte er die Verbitterung. Ihm fiel wieder sein Rucksack ein und er wollte schnell das Wort erheben, bevor er weggeschickt wird. „Euer weniges Hab und Gut wird aus dem Kerker zu eurem neuen Bett gebracht werden. Ich wünsche, dass ihr euch mit den anderen Bediensteten bekannt macht und sich zwischen euch keine Streitereien ereignen. Morgen früh werdet ihr dann richtig eingewiesen. Und nun entfernt euch.“
Alex brachte keinen Ton hervor und schluckte die Sätze, die er eigentlich sagen wollte, herunter. Mit einem simplen „Ja, Milord.“ entfernte sich der Greif und trat den roten Teppich entlang auf die Doppeltür zu. Er wurde von zwei Wachen empfangen und diese geleiteten ihn zu den Gruppengemächern der Diener. Regin hatte den Greifen nicht mehr angesehen, bevor er aus dem Thronsaal verschwunden war. Mit einer sanften Handbewegung winkte er Keegan und Grim Oren zu sich heran. „Ich möchte, dass ihr ihn weiterhin im Auge behaltet. Ich habe kein Vertrauen in ihn und wir wissen noch nicht, wozu er fähig ist. Wenn sich dein Verdacht bestätigt, Grim, dann hoffe ich, dass Alex sich bald offenbart. Wenn es wirklich Magie war, dann kann es für uns nützlich sein.“
„Jedoch kann es auch gefährlich werden, wenn er seine Magie gegen uns wendet.“, fügte Grim hinzu und korrigierte den Sitz seiner Brille. Keegan stand zuhörend auf der anderen Seite des Throns und schaut den Wolf erwartungsvoll an. „In der Tat, Grim. Aber hoffen wir das nicht. Und du, Keegan, bitte beaufsichtige die Diener in den nächsten Tagen.“ Keegan nickte und wandte sich ab, um zu gehen. Er verabschiedete sich von Lord Regin und dessen Berater, als er hinaus auf die Gänge der Schlosses von Ainessa trat.
Fünfundzwanzigster September – Gegen 11 Uhr
Inzwischen waren vier Tage ins Land gezogen. Das Wetter war die ganzen letzten Tage recht warm und sonnig für den späten September gewesen. Immerhin hatte Alex in den letzten Tagen sich halbwegs frei innerhalb der Burg bewegen können, jedoch hatte er meistens die wachssamen Augen Keegans auf sich liegen, der nach dem Zwischenfall zur Alex' Beobachtung eingeteilt worden ist. Während die Sonne am Himmel gestanden war, musste Alex oft seine körperliche Kraft bei Reparaturen oder ähnlichen Kraftakten einsetzen. Über die Nacht hatte der Greif in seinem Quatier zu sein und es wurden auch die Türen abgeschlossen. Den einzigen sozialen Kontakt hatte Alex nur mit den Wenigen, die mit ihm an den Aufgaben arbeiten mussten oder seinen Aufpasser, Keegan.
Auch an diesem Tag schien die Sonne von oben herab und lies die schwarzen Federn des Greifen glänzen. Alex wurde mit einer Gruppe anderer Diener und Bauern an den südlichen Rand der Ebenen von Ainessa geschickt, um dort das erste Feuerholz für den kommenden Winter zu schlagen. Auf Grund seiner doch stattlichen Figur wurde Alex zu einem der Axtträger ausgewählt. Er stand neben dem Stamm eines großen Baumes am Waldesrand. Eine tiefe Kerbe klaffte im Stamm des Baumriesen.
Südlich von dem Schloss Ainessa lag der Wald von Daria, einer der wichtigsten Orte innerhalb der Grenzen Ainessas. Dieser Wald versorgte das Schloss, die Stadt und die Bauerndörfer mit frischem Wild, frischen Früchten und viel Feuerholz. Ein kleiner, leise vor sich hin plätschernder Bach lieferte eine reine Wasserquelle und ließ den fruchtbaren Wald um sich herum gedeihen.
Keegan stand am Rande der arbeitenden Gruppe von Bauern und Dienern. Er hatte ein wachsames Auge auf die erst kürzlich verpflichteten Leibeigenen des Lords und passte auf, dass Alles seinen gewohnten Lauf nahm. Alex seufzte und packte den Stil der Axt. Mit kräftigen und gezielten Schlägen rammte er das scharfe Beil immer wieder in die Kerbe. Er achtete darauf, dass der Baum später in Richtung einer anderen Gruppe fiel, die dabei beschäftigt waren die Äste des zuvor gefällten Riesen abzuschlagen. Schweiß stand ihm auf der Stirn und er schnaufte leicht. Sein Schnaufen wurde dann von dem immer lauter werdenden Knacken und Krachen des Stamms übertönt. „Baum fällt!“
Mit lautem Getöse durchbrach der massive Stamm des Baums die Äste seiner Nachbarn und krachte nahe dem zuletzt geschlagenen Baum auf den saftigen Wiesenboden. Alex setzte seine Axt wieder ab und wischte sich etwas Schweiß mit seinem langen Ärmel ab. Langsam wanderte sein Blick über den Horizont und zurück zu dem Fuchs, der über ihre Köpfe schaute und etwas gelangweilt dreinschaute. Langsam hob er seine Pfote und gestikulierte, dass die Holzfäller etwas Pause machen durften, da die anderen nicht so schnell nachkamen die Äste abzuschlagen und die großen Baumstämme in Richtung Sägewerk abzutransportieren. Alex wandte sich dem Wald zu und spazierte etwas tiefer hinein.
Es dauerte auch nicht lange, bis Alex eine kleine Lichtung entdeckte. Das Gras war nicht von den Blättern der Bäume bedeckt und verschiedene Blumen und Sträucher wuchsen hier. Ein farbenfrohes Meer aus unterschiedlichen Blüten und Blättern wog sich leicht in der schwachen Brise, die seit heute morgen schon über Ainessa bließ. Und inmitten dieser Lichtung erblickte Alex eine bekannte Gestalt. Cris saß dort zwischen den Blumen und pflückte von einem efeuartigen Strauch große, dunkelgrüne Blätter. Vorsichtig steckte das Mädchen die Blätter in ihr Umhängetasche und strich danach ihren hellgrünen Rock glatt. Sie blickte auf und ihre Augen sahen in die des Greifen, welcher sie schon einige Momente lang beobachtete. Sie stand rasch auf und Alex trat langsam auf sie zu. „Fräulein Cris, welch eine Überraschung euch hier anzutreffen. Darf ich fragen was ihr hier draußen macht?“
Cris schaute zunächst nach unten und überlegte einen kleinen Moment, bevor sie schließlich antwortete. „Meine Mutter hat mich in den Wald geschickt, damit ich für die Küche einige Gewürze und Kräuter sammeln kann. Außerdem kann man hier draußen auch einige Heilkräuter finden, die mein Vater gebrauchen kann. Er ist mit dem Apothekar zwei Straßen weiter befreundet.“, sprach das Mädchen und deutete dann auf den Strauch, von dem sie gerade noch die Blätter gepflückt hatte, „Dieser Busch wächst nur hier in diesem Wald und ist ein gutes Heilmittel gegen Fieber. Er rettete damals der Tochter eines Fischers das Leben und aus Dank und Gedenken an dieses Ereignis wurde dieser Strauch, aber auch dieser Wald nach der Fischerstochter benannt.“
„Eine hübsche Geschichte. Ich mache momentan etwas Pause von dem ganzen Holzhacken und Bäumefällen. Ich darf bis auf weiteres für den Lord schuften und hoffen, dass das eines Tages mal aufhört.“ Alex stoppte kurz und hob seinen Kopf an, als ihm plötzlich ein größeres Gebäude am anderen Ende der Lichtung ins Auge fällt. Es war eine kleine Kapelle mit einem kleinen Türmchen, dessen Spitze gerade so die Baumkronen der Bäume überragte. Das Rosettenfenster unweit über dem Eichenportale hatte kleinere Löcher, die das Licht ungefärbt ins Innere der Kapelle scheinen ließ. Friedlich lag das Gotteshaus zwischen den Bäumen, deren Blätter sich langsam im Wind wiegten.
„Was ist das für eine Kapelle? Weißt du etwas darüber?“, fragte Alex und schaute zu Cris, die sich langsam vom frischen Gras erhob. „Das ist die kleine Waldkapelle von Daria. Früher gab es noch viele kleine Siedlungen tief im Wald verstreut, daher wurde bei der ersten Sesshaftwerdung der Bevölkerung hier diese Kapelle errichtet. Ich weiß nur noch, dass sie heute verlassen ist, für mehr solltest du meinen Vater fragen oder dir die Bücher aus dem Regal holen.“, sprach Cris etwas genervt. Sie mochte es scheinbar nicht, wenn man sie nach für sie eigentlich unwichtigen Dingen fragte. Aber Alex war ja neu hier, sei es ihm verziehen.
Alex nickte und wischte sich nochmal etwas Schweiß von der Stirn, da die Sonne weiterhin unvermindert auf den Wald herunterknallte. Cris schien eher weniger Probleme mit der Sonne zu haben, sie war ja auch sommerlicher gekleidet. Der Greif nickte in Richtung Kapelle. „Wollen wir uns vielleicht etwas im Schatten des Türmchens ausruhen?“, fragte er höflich. Cris schaute nochmal in ihre Umhängetasche und zählte die Kräuter und Blätter nach. Zu ihrer Zufriedenheit war sie doch schneller fertig als erhofft und nickte dem Greifenmanne zu.
Nachdem die beiden an der Kapelle angekommen waren, stellten sie fest, dass das Portal vorne unverschlossen war und Alex stemmte sich gegen das Eichenportal, dass langsam aufschwang und das Innere der Kapelle entblößte. Aber anstatt das verwilderte und vielleicht zugewachsene Innere zu erblicken, mussten beide feststellen, dass die Sitzreihen noch allesamt vorhanden waren. Frische Kerzen steckten in dem Kerzenständern rum um den Altar herum und sonst war auch der Teppich vom Eingangsportal bis hin zum Altar gepflegt und gereinigt. Verwundert traten die Beiden ein und schauten sich weiterhin um. Alle bunten Kirchenfenster waren noch intakt und die Kapelle machte von innen nicht den Eindruck verlassen zu sein. „Ich dachte hier wäre niemand mehr?“, fragte Alex mehr zu sich selbst.
Bei weiterer Untersuchung des Kapellenraums beobachtete Alex, dass der Altar nicht wie in der Kathedrale ein großes Holzkreuz besaß, sondern mehrere Kreiszeichen ineinander verschlungen. Es wirkte sehr sonderbar auf den Greifen, Cris jedoch entging solch ein unwichtiges Detail. „Ja ja, normalerweise erwarte ich hier auch keine Gäste...“, kam es plötzlich von einer Seite. Alex und Cris wandten sich schnell dem Neuling zu und der Greif stockte kurz. Francis grinste, als er die Kapuze seiner weißen Gewänder nach hinten schob.
„Bruder Francis, was macht ihr denn hier? Ich dachte ihr würdet die Kathedrale nur selten verlassen, da man euch selten in der Stadt sieht.“, sprach Cris und beobachtete, wie der Wolf eine etwas größere Kommode wieder zurück vor ein gemauertes Loch in der Wand schob. „Gut aufgepasst, junge Tochter der Orchids. Meistens, wenn ich nicht in der Kathedrale bin, bin ich hier.“, fügte der Ordensbruder hinzu.
„Jedoch sieht es hier reichlich anders aus, als in der Stadt. Vor allem erkenne ich nicht die Symbole und Zeichen, die in der Kathedrale so im Überfluss da waren. Kann es sein, dass hier eine andere Religion gelehrt wurde, als diese Kapelle noch besucht wurde?“, sprach der Greif. Cris hatte plötzlich eine Vorahnung, dass Alex das doch nicht hätte sagen sollen. Francis' Augenbrauen zogen sich zusammen und sein Gesichtsausdruck verfinsterte sich. Ohne Vorwarnung hob er seine Arm an und zeigte mit einem ausgestreckten Finger auf den Greifen. Alex sprach kein Wort, als plötzlich zwischen seinen Schultern ein irrer Schmerz ihn zu quälen begann. Er riss die Augen auf und ließ seinen Schnabel offen, ließ aber keinen Ton verlauten. „Oh ja! Ganz richtig! Diese Stadtleute haben keine Ahnung! Sündenvergebung und ewiges Leben nach dem Tod, damit alles ja nicht so schlimm ist. Wir belügen uns selber, damit es nicht so schwer ist zu leben. Alles purer Blödsinn. Und ich werde es ihnen zeigen. Die Natur ist das einzig Wahre und sie ist das Einzige, was es sich lohnt zu bewundern und anzubeten.“, brüllte Francis schon fast erbost und fest, während sich bei Alex der Schmerz nur verschlimmerte, „Und du wirst mir dabei helfen, Gesandter des Himmels!“
Der Greifenmann zuckte zusammen und brülle laut vor Schmerzen, als auf seinem Rücken das weiße Zeichen brannte und Alex nach vorne treiben wollte. Cris verstand im ersten Moment nicht, was denn mit ihrem Bekannten passierte, denn von außen her war nicht sichtbar, was Alex in diesem Moment durchmachen musste. „Ah, was soll das?“, rief Alex und schaute schmerzverzerrt zu Francis, der seinen ausgestreckten Arm zu sich zog und die Schmerzen wieder verschlimmern ließ.
„Du sollst zu mir kommen und für mich diese Kathedrale niederbrennen. Deine Magie in dir wäre stark genug dieses Abbild der Blasphemie zu beseitigen. Komm her, mein Diener.“, entgegnete Francis völlig von sich selbst überzeugt. Seine Pfote begann zu leuchten und Alex verstand, womit er es zu tun hatte. Das Symbol des Lebens erschien auf Francis' Handrücken und fügte ihm durch Magie weitere Schmerzen zu. Dem Greif begannen die Knie zu zittern und er konnte sich kaum noch oben halten. Er zentrierte seine Gedanken und versuchte alles, um sich nicht von seinen physischen Schmerzen ablenken zu lassen. Er hatte früher in der Schule extra Stunden bei Magieeinsatz unter Anstrengung bzw. unter Schmerzen genommen, da Kampfmagier selbst ohne Gegentreffer sich beim Einsatz der Magie verausgaben.
„Du spinnst wohl!“, brüllte der Greif und riss seine Arme hoch. Cris trat zwei Schritte zurück und brachte sich hinter einer Sitzreihe in Deckung. Sie war zwar auch magiebegabt, jedoch hatte sie nicht so eine magische Ausbildung genossen wie Alex und konnte von daher nicht einschätzen, dass hier gerade ein magisches Duell begann. Die dunklen Schwingen breiteten sich geschwind aus und Alex' Handrücken leuchtete im blauen Licht. Er leitete einen Angriff ein und konzentrierte sich nun die Magie zu sammeln.
Alles lief wie gewohnt, aber als Alex die Energie abfeuern wollte, schnaufte und stöhnte er vor Schmerzen und fühlte gähnende Leere in sich. „Wo ist die Magie?“, dachte er zwischen den Schmerzen und aus seiner Hand platschte eine Pfütze Wasser auf den Boden, bevor er zusammensackte und auf die Knie fiel. „Was ist los? Warum bekomme ich die Magie nicht zusammen, die war doch sonst immer sofort und reichlich da... Verdammt, hätte ich vorher doch einmal ausprobieren sollen, wie es ist auf dem Planeten zu wirken.“, rasten die Gedanken des knienden Greifen durch seinen Schädel. Francis grinste und trat auf Alex zu.
„Na? Das war aber mal gar nichts... Vielleicht hab ich dich auch nur überschätzt, jedoch bist du so oder so ein guter Diener für mich.“, sprach Francis und Cris schaute von ihrer Position aus nur zu. Sie wusste nicht so ganz, wie sie dem Mann helfen könnte. Sie hatte sich in der Schule nie mit jemanden geprügelt, musste sich nie wehren. Francis grinste und packte den gestürzten Greifen am Hals. Seine Finger drückten zu und streiften an der Kette von Alex' Amulett entlang. Der Greif schnaufte, als er kaum noch Luft bekam. Von den Schmerzen im Rücken gebeutelt, packte er nur schwach an das Handgelenk des Wolfes und schaute ihm tief in die Augen. „Und dein Amulett nehme ich auch an mich. Du brauchst es bestimmt nicht mehr.“ sprach der Wolf, als er den Saphir unter dem Hemd hervorholte. Alex' Gedanken rasten und er konnte kaum einen klaren Gedanken unter diesem Stress fassen. Fast schon automatisch ergriff er den Saphir.
Cris konnte nur zur Hälfte mitverfolgen, was die ganze Zeit vor ihren Augen passierte. Als sich Alex' Hand um den Saphir schloss, riss er die Augen auf und sie veränderten ihre Farbe von smaragdgrün auf ozeanblau. Es knallte und eine Wasserfontäne schoss aus der Hand des Greifen und traf Francis mit voller Kraft. Der Wolf versuchte sich mit seinen Händen zu schützen, als ihn die große Fontäne traf und wegdrückte. Wasser spritzte und flog durch die Luft, als der Teppich und Boden getränkt wurden. Alex fiel nach hinten, als mit einem Male kräftige Energie aus ihm schoss und die Schmerzen aufhörten. Er rappelte sich nach der Fontäne recht schnell wieder auf. Er wusste selber nicht so ganz, was denn da eben los war, aber es schien ihm langsam zu dämmern. Francis ließ nach dem Treffer einen Arm schlaff hängen, vielleicht war er ja gebrochen worden durch den Aufschlag des kraftvollen Wassers, aber er richtete den anderen Arm nach oben und öffnete das Maul, um den Zauber von vorhin zu wiederholen.
Für Cris war alles wie in Zeitlupe. Sie konnte sich nicht erinnern in die Hände geklatscht zu haben, aber ihre Hand leuchtete im leichten violetten Licht und ihr Symbol erschien, während sie einen Laut ausrief. Sie öffnete die Hände und richtete ihren Blick auf den Wolf, der in seiner Bewegung erstarrte. Angestrengt konzentrierte sie sich, als sie den Zauber aufrecht erhielt. „Jetzt, Alex. Ich hab ihn im Griff. Mach ihn fertig!“, rief sie dem Greifen zu, während sich der Wolf dran versuchte sich aus dem Bann zu befreien. Alex nickte und fokussierte seinen Blick und seine Gedanken auf seinen Gegner. Er umschloss das Amulett mit der Hand und fühlte, wie der Saphir sich mit seinen magischen Fähigkeiten synchronisierte.
„Das ist es! Der Edelstein zeigt mir wie ich die Magie hier auf dem Planeten finden und sammeln kann.“, dachte der Greif und breitete wieder seine Schwingen aus. Er ließ das Symbol auf seiner Hand aufleuchten und fühlte den gewohnten Strom an Magie in seinen Gedanken. Er war nicht so stark, wie es zu Hause in der Ätherwelt gewesen war, aber es reichte. Zwischen seinen Flügeln erschien eine leuchtende Kugel aus blauem Licht und Alex feuerte mit einem Schrei vier Strahlen ab. Diese Strahlen bogen sich um seine Flügel herum und zielten auf den zitternden Wolf, der sich inzwischen ganz langsam bewegen konnte, da Cris den feindlichen Priester nicht mehr länger bannen konnte. Alex sah ihre Anspannung, versuchte dabei alles, um es schnell zu machen. Die leuchtenden Strahlen verwandelten sich unter lautem Rauschen zu Wasser, das mit großer Geschwindigkeit auf Francis zueilte. Der Wolf konnte sich eine Sekunde vor dem Aufprall von dem Fluch lösen und ihn erwischten nur zwei der vier Wasserfontänen, die ihm sicherlich große Schmerzen verursachten. Er rannte leicht humpelnd an den Sitzen vorbei in Richtung Eingangsportal. „Das werdet ihr mir büßen...“, rief er und riss die Arme wieder nach oben. Cris musste sich auf eine der Bänken setzen, da sie relativ außer Puste war. Für sie war das die bisher größte Magiewirkung in ihrem bisherigen Leben gewesen.
Alex erwartete irgend einen anderen exotischen Lebenszauber, aber dazu kam es nicht. Eine Klinge, die noch im Licht leuchtete, sauste aus dem nichts herunter und Alex sah rot, während sich die Klinge ihren Weg durch die Schulter des Wolfes bahnte. Mit einem kräftigen Hieb hackte jemand von hinten dem Wolf den rechten Arm ab und Blut spritzte auf den Boden, während Francis nach vorne taumelte. Er schrie vor Schmerz und Pein, als er seine noch freie Pfote auf den blutenden Stumpf drückte. „Ein tätlicher Angriff auf Lord Regins Eigentum wird normalerweise mit dem Tod bestraft.“, sprach eine bekannte füchsische Stimme, als sich Keegan zu erkennen gab. Von seiner Klinge tropfte das Blut des Priesters auf den Boden, als der Krieger mit einem kräftigen Tritt Francis nach vorne überkippte. Der Wolf fiel auf seine Knie und stützte sich auf den einen Arm ab, während der andere ausblutend hinten auf dem Boden lag. Alex war inzwischen zu Cris gelaufen und hatte ihren Kopf abgewandt, als sie sich schützend näher zu dem Mann schob.
Langsam stand Francis wieder auf und schnaufte und wankte durch den Schmerz und Blutverlust. Er musterte den Fuchs, der bereit war ihn in kleine Stücke zu hacken und schaute zu dem Mädchen und dem Greifen. Die Entscheidung war schnell getroffen, was er nun machen sollte. „Wir nehmen dich mit und werden dich vor Lord Regin anklagen... Wenn du denn den Verlust deines Armes denn überleben wirst...“, fügte Keegan hinzu. Francis grinste nur und schloss die Augen. Alex weitete seine Augen und erzitterte, während er fast automatisch seine Hand schützend über Cris' Augen legte. Direkt vor ihm und Keegan platzte der Wolf quasi auf und die Reste seines nun zerfetzten Körpers verteilten sich auf dem Boden um ihn herum. Eine schwarze formlose Gestalt huschte blitzschnell aus dem Kadaver.
Cris schrie, als sie aus den Armen des Greifen gerissen wurde. Alex konnte nicht mehr reagieren und sie auffangen, da er einen Zug an seinem Saphir fühlte und Sekundenbruchteilen den Aufprall einer geballten Faust im Gesicht spürte. Er fiel nach hinten und warf dabei eine Sitzreihe um, als die Schnur seines Amulettes riss. Nachdem er sich von der umgestürzten Sitzreihe aufraffte, konnte er nur noch sehen, wie Keegans Klinge durch die formlose Gestalt mit seinem Saphir raste und scheinbar keinen Schaden hinterließ. Die Gestalt begann sich zu verändern und Alex fühlte wieder den Schmerz auf seinem Rücken, der langsam nachließ. Er sah zu der Kreatur und starrte in seine eigenen roten Augen. Ein Schnabel bildete sich aus der formlosen Gestalt, die sich langsam in ein Ebenbild von Alex verwandelte. Es grinste nur und die Schwingen waren noch sichtbar, als er aus der Kapelle rannte. „Was zur Hölle war das eben?“, fragte Keegan nach, als er Alex und Cris nacheinander aufhalf.
„Das weiß ich nicht, aber er wollte mich zum Sturz der Kirche in der Stadt missbrauchen und nun rennt er mit meinem Saphiramulett durch die Gegend. Ich muss das wiederhaben.“, sprach Alex zu dem Fuchs, der zuhörend nickte. Der Greif seufzte und scharrte mit einem Fuß auf dem Boden. „Ich denke du hast es nun gesehen, Keegan.“
Der Fuchs half Cris noch den Staub von ihrem Kleid abzuklopfen. Nachdem sich nach und nach alle beruhigt hatten und Cris einen kurzen Blick über die entstellten Überreste Francis' machte, den sie dann doch recht schnell bereute, schaute sie zu dem Greifen, der sich zwar sehr für sie eingesetzt hatte, mit einem nicht so erfreuten Gesichtsausdruck. „Es war schon ganz nett, dass du mich schützen wolltest... Aber was sollte das? Ich bin kein kleines Mädchen mehr.“, warf Cris Alex an den Kopf und schaute ihn vorwurfsvoll an. Der Greif stellte seine Ohren auf und erwiderte einen sehr erstaunten Blick. „Öh... Ich wollte dir eigentlich den Anblick des Kadavers ersparen... Es war nicht sehr anschaulich, wie er...“, sprach Alex zu seiner Verteidigung, jedoch wurde er jäh unterbrochen. „Genug, das ist nicht hilfreich...“, sprach Cris, während sie leicht vor Ekel erzitterte, „Nächstes Mal fragst du einfach.“ Mit diesen finalen Worten beendete Cris das Gespräch zwischen ihr und dem Greifen, der ebenfalls nicht wagte noch etwas zu diesem Vorfall zu sagen.
Keegan hatte die Szene zwischen den Beiden beobachtet, während er schon eine Antwort in Gedanken zu formulieren gewesen war. Er wartete bis zum Ende des kleinen Streites, wo er dann wieder einsetzte. „Ich habe mich gewundert, wo du warst. Die anderen Axtarbeiter waren schon wieder dabei Bäume zu fällen, da fehltest du. Also hab ich nach dir gesucht und dabei natürlich gesehen, wie du gezaubert hast. Sehr beeindruckend, aber auch sehr beängstigend. Nichtsdestotrotz wahrscheinlich sehr nützlich. Ich bin mir sicher, dass Dich Lord Regin nach diesem Ereignis sicherlich sprechen möchte.“, sprach der Fuchs und Alex nickte ihm zu. „Solange ich die Erlaubnis bekomme mein Amulett zurück zu bekommen, sicherlich. Deswegen muss ich auch mit dem Berater von Lord Regin sprechen. Dieser Grim Oren oder wie er auch hieß.“
Keegan nickte dem Greifen zu und nahm ein Tuch aus seiner Tasche, um das frische Blut von seiner Klinge zu wischen. „Ich denke, dass ihr das auf jeden Fall machen müsst, Alex.“, sagte er beiläufig und ohne Alex oder Cris anzuschauen. Das dunkle Tuch saugte das Blut auf und Keegan reinigte die Klinge, um sie vor Verfärbungen oder Verrostungen zu schützen. „Jedoch sollten wir zur Gruppe zurück und später Lord Regin treffen.“
Nachdem die Drei die Kapelle wieder verlassen hatten, kamen sie zu den anderen holzfällenden Dienern und Alex nahm wieder seine Arbeit auf. Vorher hatte er sich von Cris verabschiedet und ihrem Vater noch Grüße bestellt. Keegan übernahm wieder seine Aufseherfunktionen und begleitete alle auch wieder zurück zur Burg. Dabei ließ er Alex aber etwas weniger arbeiten, da er durch den Kampf vorher noch geschwächt war. Am nächsten Tag sollte Alex dann wieder bei seinem Lord vorsprechen...
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